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Geschichte der Wasserversorgung

Brunnen am Weidhogerweg

Heute dreht man mit der grössten Selbstverständlichkeit in der Küche, im Badezimmer und in der Garage am Wasserhahn und lässt Wasser fliessen, soviel man sich nur wünscht. Wehe, wenn einmal aus dem geöffneten Wasserhahn nichts fliessen sollte! Das bekäme der Wasserversorgung übel. Denn man hat bezahlt und will dafür bedient sein. So einfach ist der Wasserverbrauch bei uns geworden - für alle, die nicht hinter die Kulissen sehen.

Und doch sind es erstaunlich wenig Jahre her, seit bei uns in Stallikon der Ausbau der Wasserversorgung systematisch an die Hand genommen und die Trinkwasserversorgung sichergestellt worden  ist.

Am 21. Februar 1948 beschloss die von 97 Stimmberechtigten besuchte Gemeindeversammlung mit 66 zu 30 Stimmen und 1 Enthaltung den Bau einer Gemeindewasserversorgung und gleichzeitig den Anschluss an die Gruppenwasserversorgung Amt.

Dem Beschluss vom 21. Februar 1948 kam im Rückblick auf die 25 Jahre dauernde Vorbereitung mit Tiefen und Höhen eine historische Bedeutung zu. Bis dahin war die Versorgung der Einwohner mit Trink­wasser Privatsache und der Wasserhahnen im Haus die Ausnahme. Wohl bestanden einzelne Brunnenanteilschaften, jedoch fehlte eine zusammen­hängende Versorgung. 1924 hat die Gemeindever­sammlung ein erstes Projekt verworfen. Trotz einem Grossbrand im Jahre 1928 zog man die Erfüllung anderer Aufgaben dem Bau einer Wasserversorgung erneut vor. Auch 1941 scheiterte der Versuch, eine Wasserversorgung auf Genossenschaftsbasis durch die Gebäudeeigentümer zu bauen. In den Jahren 1942 bis 1944 herrschte extreme Trockenheit. Der grosse Wassermangel bewog 1945 die  Gemeindeversammlung, die Projektierung einer Trink- und Löschwasser­versorgung der Not gehorchend an die Hand zu nehmen und 1948 folgte der historische Entscheid zum Bau des Gemeinschaftswerkes.

Die in der Folge realisierten Pläne wurden augen­fällig ins Konzept der Gruppenwasserversorgung Amt integriert. Die damals entstandenen Reservoire "Fromoos" in Hedingen und "Junggrüt" in Wettswil a.A. dienen der Gemeinde noch heute. Nur in der Bergzone - für Weiler Buchenegg - wurden damals selber einige Quellen gefasst und das Pumpwerk "Tobel" sowie das Reservoir "Müsli" erstellt.

50 Jahre später lässt sich die Dimension des dama­ligen Entscheides erst richtig messen. Die Verzögerungen zwischen 1920 und 1945 waren primär auf die fehlenden Finanzen zurückzuführen. 1947 betrug der einfache Steuerertrag in Stallikon gerade mal Fr. 15'000; bei einem Gemeindesteuerfuss von 195 % verfügte die Gemeinde über nicht ganz Fr. 30'000 Steuereinnahmen. Dazu gabs einen Finanzausgleichs­beitrag von Fr. 47'000. Bei jährlichen Gesamtein­nahmen von Fr. 77'000 hatte die Gemeindeversammlung über einen Bruttokredit von 1,2 Millionen Franken zu befinden. Nach Abzug der Staatsbeiträge von Fr. 800'000 verblieben der Gemeinde immer noch Restschulden von Fr. 400'000. Im Vergleich entsprach dieser Betrag damals dem 26-fachen einfachen Steuerertrag. Auf die heutigen Verhältnisse extrapoliert würde dies einem Kreditvolumen von 156 Millionen Franken(!) entsprechen.

So braucht es nicht zu überraschen, dass sich im damaligen Bericht des Gemeinderates an die Gemein­deversammlung Sätze finden, wie ...

"Stallikon ist heute noch die einzige Gemeinde im Kanton (ausser Neerach), die keine Wasserversorgung besitzt. Man darf heute nicht mehr einwenden, eine ausreichende Lösch- und Brauchwasserversorgung sei Luxus ." ...

"Es geht auch gerade in den Landgemeinden darum, die Landflucht zu bekämpfen. Kann das nicht dadurch geschehen, dass man bemüht ist, der Landschaft die gleichen Lebensbedingungen zu schaffen, die jeder Einwohner anderer Orte geniesst? Und eine Wasserver sorgung hat seit je her als kultur elle Errungenschaft gegolten." ...

"Die Struktur der Gemeinde, die Steuererträge, werden es nie gestatten, dass wir mit Steueransätzen auskommen, wie dies Seegemeinden oder Städte können. Es ist aber sehr wohl anzunehmen, dass die Steuern steigen müssen, wenn wir nicht bauen, weil dann die Finanzausgleichsbeiträge kleiner werden, wenn uns Ausgaben fehlen." ...

"Mögen die Stimmberechtigten, wie in früheren Jahren, als auch Beschlüsse von weittragender und ortschrittlicher Bedeutung gefasst wurden (Elektrizität, Postauto) nach ihrem Gutdünken entscheiden. Jeder möge sich bewusst sein, dass die Wasserversorgung ihm und den Seinen früher oder später dienen kann; dass der zu fassende Beschluss die Entwicklung der Gemein­de bestimmt,dass er eine Zu- oder Absage an die Zukunft und den Fortschritt bedeuten wird."

Der kurz nach Ende des 2. Weltkrieges gefällte Entscheid erweist sich im Rückblick als echte Pionier­leistung. Das Werk hat gehalten und sich kontinuier­lich  weiterentwickelt. Im Schlussbericht von 1955 hat die Gruppen­wasserversorgung Amt den Zustand der Wasserver­sorgung Stallikon bei Baubeginn wie folgt umschrieben:

"In Stallikon war die Versorgung der Einwohner mit Trinkwasser bis in die jüngste Zeit im Zeichen der Altvordern, wie damals, «als der Grossvater die Grossmutter nahm». Einzelne Brunnenanteilschaften bestanden wohl, jedoch keine zusammenhängende Versorgungsanlage. Diesem Zustand aus Adamszeiten konnte dann 1948 mit dem Bau der Gemeinde­wasserversorgung ein  erfreuliches Ende bereitet wer­den. Die Quellen befinden sich in der Albismoräne und sind in der Lage alle Erfordernisse zu erfüllen, zeitweise liefern sie sogar Überschusswasser, das in letzter Zeit an die Gruppenwasserversorgung Amt abgegeben wurde.»

Juni 1998
Franz Birri, Gemeindeschreiber
Auszug aus der Broschüre "50 Jahre Wasserversorgung Stallikon - 1948 bis 1998"